Arbeitsmedizinische Vorsorge

Die Verhütung arbeitsbedingter Erkrankungen, der Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit und die Verbesserung des betrieblichen Gesundheitsschutzes sind Aufgaben eines Unternehmens.

Arbeitsmedizinische Vorsorge ist eine individuelle Arbeitsschutzmaßnahme und stellt damit eine wertvolle Ergänzung der technischen und organisatorischen Arbeitsschutzmaßnahmen dar. Bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge beraten Betriebsärztinnen und -ärzte die Beschäftigten zu den Wechselwirkungen zwischen Arbeit und Gesundheit und beurteilen diese in Hinblick auf die individuelle Gesundheit.

Die Arbeitsmedizinische Vorsorge  ist seit 2008 in der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) geregelt (zuletzt geändert 2019). Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen entsprechend der im Anhang zur ArbMedVV festgelegten Vorsorgeanlässe eine Pflichtvorsorge veranlassen oder eine Angebotsvorsorge anbieten. Daneben haben Beschäftigte das Recht, sich auf ihren Wunsch hin arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Die arbeitsmedizinische Vorsorge wird durch einen Arzt/eine Ärztin für Arbeitsmedizin oder mit Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin durchgeführt. Der Arzt/ die Ärztin muss sich vor Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge die notwendigen Kenntnisse über die Arbeitsplatzverhältnisse verschaffen.

Zentrales Element der arbeitsmedizinischen Vorsorge ist die betriebsärztliche Beratung. Körperliche und apparative Untersuchungen werden nach Aufklärung durch den Betriebsarzt mit Einverständnis der Beschäftigten durchgeführt. Aus tätigkeitsbedingten Infektionsrisiken kann die Empfehlung einer Impfung folgen. Die Inhalte und das Ergebnis der arbeitsmedizinischen Vorsorge sind vertraulich und unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht. Das Unternehmen erhält eine Vorsorgebescheinigung, aus der hervorgeht, dass und wann die arbeitsmedizinische Vorsorge stattgefunden hat und wann die nächste Vorsorge empfohlen wird. Die Mitteilung eines ärztlich empfohlenen Tätigkeitswechsels bedarf der Einwilligung der/des  Beschäftigten. Ergeben sich allerdings aus den arbeitsmedizinischen Vorsorgen Hinweise auf erforderliche Arbeitsschutzmaßnahmen im Betrieb, muss der Betriebsarzt/die Betriebsärztin dies dem Arbeitgeber bzw. der Arbeitgeberin mitteilen.

Arbeitsmedizinische Regeln (AMR) geben den Stand der Technik und sonstige gesicherte arbeitsmedizinische Erkenntnisse wieder und konkretisieren die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge. Sie haben Vermutungswirkung.

Arbeitsmedizinische Empfehlungen (AME) beruhen auf gesicherten arbeitsmedizinischen Erkenntnissen. Sie werden vom Ausschuss für Arbeitsmedizin (AfAMed) erstellt und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) veröffentlicht. Im Gegensatz zu den Arbeitsmedizinischen Regeln (AMR) haben AME keine Vermutungswirkung, sondern lediglich Empfehlungscharakter.

Arbeitsmedizinische Vorsorge dient der Früherkennung von Gesundheitsstörungen sowie der Feststellung, ob bei der Ausübung einer bestimmten Tätigkeit eine erhöhte gesundheitliche Gefährdung besteht. Sie dient nicht dem Nachweis der gesundheitlichen Eignung für berufliche Anforderungen. Eignungsuntersuchungen unterliegen besonderen arbeitsrechtlichen Bestimmungen.

Ganzheitliche Vorsorge – ein Zukunftsthema der Arbeitsmedizin

Arbeitsmedizinische Vorsorge bietet Zugang zu vielen Beschäftigten, auch solchen, die die hausärztliche Versorgung (noch) nicht in Anspruch nehmen. Sie ist daher die ideale Grundlage für eine ganzheitliche Vorsorge. Ganzheitliche arbeitsmedizinische Vorsorge zielt darauf ab, arbeitsbedingte Erkrankungen einschließlich Berufskrankheiten frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. Zudem soll sie einen Beitrag zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit leisten und den betrieblichen Gesundheitsschutz voranbringen.

Die Rahmenbedingungen der ganzheitlichen Vorsorge sind in der im Dezember 2022 veröffentlichten AMR 3.3 „Ganzheitliche arbeitsmedizinische Vorsorge unter Berücksichtigung aller Arbeitsbedingungen und arbeitsbedingten Gefährdungen“ festgeschrieben. Ganzheitliche arbeitsmedizinische Vorsorge soll unter anderem bei Gefährdungen gestärkt erden, die nicht im Anhang der ArbMedVV gelistet sind (z.B. bei einer erhöhten psychischen Belastung). Wunschvorsorge kann durch die Unternehmen aktiv beworben werden. Bei der Durchführung der Vorsorge soll die gesamte Erwerbsbiographie berücksichtigt werden. Betriebsärztinnen und –ärzte sollen zudem die Erkenntnisse der arbeitsmedizinischen Vorsorge auswerten, ohne dass ein Rückschluss auf einzelne Beschäftigte möglich ist.