Daneben sind die bereits gravierenden ökonomischen Auswirkungen ebenso unzweifelhaft: Die Kosten für Arbeitgeber und Krankenkassen für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Krankengeld seien in den vergangenen vier Jahren deutlich mit zweistelligen Wachstumsraten pro Jahr auf 10,6 Milliarden Euro gestiegen [1]. Insgesamt schätzte die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin den gesamtwirtschaftlichen Produktionsausfall durch Arbeitsunfähigkeit für 2013 auf 59 Milliarden Euro [2].
Nach Ansicht des VDBW scheiden viele Menschen bereits vorzeitig aufgrund von Erkrankungen, die durch Präventionsmaßnahmen vermeidbar wären, aus dem Berufsleben aus. Hierbei belegen Studien einen signifikanten Zusammenhang von niedrigem sozioökonomischen Status und erhöhtem Mortalitätsrisiko und verringerter Lebenserwartung [3, 4]. Dieser gilt ebenso für verschiedene Aspekte von Morbidität, Krankheitsfolgen, subjektivem Gesundheitsempfinden und gesundheitsrelevanten Verhalten [4]. Vor allem Beschäftigte mit niedrigem Berufsstatus sind häufiger körperlichen und psychosozialen Belastungen ausgesetzt und verfügen über oft nur limitierte Ressourcen diesen zu entgegnen. Das neue Präventionsgesetz trägt dazu bei, den Blick auf die Lebenswelten wie den Betrieben zu stärken, in denen die Menschen einen großen Teil ihres Lebens verbringen und Maßnahmen zur Vorbeugung langdauernder Erkrankungen zu fördern. „Wir als Betriebsärzte erreichen eine Zielgruppe von 40 Mio. Menschen im Berufsleben. Und wir erreichen insbesondere Menschen aus den unteren sozialen Schichten, die dem Thema Prävention gegenüber noch nicht genügend aufgeschlossen sind und die vielfach überhaupt keinen Arztkontakt haben“, sagt Dr. Anette Wahl-Wachendorf, Vizepräsidentin des Verbands.
Neben stärkeren präventiven Maßnahmen ist ein wesentliches Anliegen des VDBW, die Arbeitsbedingungen in den Betrieben so zu gestalten, dass auch chronisch Kranke in den Betrieben integriert werden können und unterstützt die Initiative Diabetes@work. Diese stellt Unternehmen vor, die sich bereits umfassend für die Begrenzung von Risiken einsetzen und sich frühzeitig für die Gesundheit ihrer Mitarbeiter engagieren. Im Verbund mit weiteren Netzwerkpartnern sollen Maßnahmen für einen flächendeckenden Einsatz erarbeitet werden. Mit der Initiative „Nicht zu ersetzen?!“ soll weiterhin auf das Thema chronische Erkrankung am Arbeitsplatz aufmerksam gemacht und Betroffenen Tipps und Informationen für den Alltag und das Berufsleben gegeben werden. Neben größeren Anstrengungen für niederschwelligen Zugang zur Gesundheitsversorgung und Gesundheitsförderung ist nach längerer Ausfallzeit ebenso eine geregelte Reintegration in den Arbeitsmarkt unverzichtbar.
Zuvor hatte der Verbandsvorstandschef der Betriebskrankenkassen, Franz Knieps, eine stärkere Anstrengung für alle chronischen und lang dauernden Erkrankungen gefordert, ähnlich wie dies bereits 2008 unter der damaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) mit dem nationalen Krebsplan gemeinsam mit der Deutschen Krebsgesellschaft, der Krebshilfe und der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren geschehen war. Dieser hatte bis heute eine signifikante Verbesserung der Krebstherapie im OECD-Vergleich erwirkt.
Zeichen: 3.976
Quellen:
1. Thelen, P. (2015). Aktionsplan gegen Dauerkrankheiten. Kassen fordern Hilfe für die wachsende Zahl der langfristig Leidenden. Handelsblatt, vom 26.11.2015, Seite 9
2. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (2015). Volkswirtschaftliche Kosten durch Arbeitsunfähigkeit 2013. Hrsg. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. www.baua.de/de/Informationen-fuer-die-Praxis/Statistiken/Arbeitsunfaehigkeit/Kosten.html
3. Lampert T, Kroll LE (2014). Soziale Unterschiede in der Mortalität und Lebenserwartung. Hrsg. Robert Koch-Institut, Berlin. GBE kompakt 5(2). www.rki.de/gbe-kompakt (Stand: 07.04.2014)
4. Lampert, T., Saß, A., Häfelinger, M., Ziese, T. (2005). Beiträge zur Gesundheitsberichtserstattung des Bundes. Armut, soziale Ungleichheit und Gesundheit. Expertise des Robert Koch-Instituts zum 2. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Hrsg. Robert Koch-Institut, Berlin www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsB/Armut.pdf
Der Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW) ist der Berufsverband deutscher Arbeitsmediziner und der größte arbeitsmedizinische Fachverband Europas. Er vertritt seit über 65 Jahren die Interessen seiner rund 3.100 Mitglieder. Zu den Aufgaben des VDBW gehören die Förderung der Qualität arbeitsmedizinischer Betreuung, die Integration des präventiven Fachgebietes Arbeitsmedizin in das medizinische Versorgungssystem und die Unterstützung von Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention in den Betrieben. Der VDBW unterstützt gemeinsam mit anderen maßgeblichen Fachdisziplinen und Institutionen die Gewinnung und Auswertung neuester arbeitsmedizinischer Erkenntnisse sowie deren Weitergabe in die Praxis und wirkt an der Gestaltung arbeitsmedizinischer Programme mit. Die Geschäftsstelle des VDBW befindet sich in Karlsruhe.